Funny Lane
Dolphin Address 10
18. August, 2004
Wie auch letztes Jahr, habe ich dieses Jahr wieder die Menschen, die auf die Wiese kommen, um 'nach Amerika zu schauen' aneknotiert. In letzter Zeit passiert das so oft, dass ich angefangen habe, dieses Phaenomen genauer unter die Lupe zu nehmen. Fuer uns ist das von praktischem Interesse, da wir hier leben. Der Schutz unserer Privatsphaere nimmt verschiedene Formen an.
Auf deutsch sagt man, der Hund 'bellt'. Die Hunde unseres aufwaerts am Huegel lebenden Nachbarn fungieren als doorbell. Wenn jedoch der Wind unguenstig steht, hoeren wir sie nicht. Sie reichen uns kaum bis zum Knoechel. So haben wir fast immer ein Auge auf den Weg, den wir auf circa einhundert Meter einsehen koennen. Wenn sich Leute naehern, koennen wir das meist hoeren, ausgenommen sie unterhalten sich mal leise oder sind alleine. Sobald wir sie gesichtet haben, heisst es 'Tourist alarm !'.
Diese Wiese ist oeffentliches Land. Wir duerfen uns hier aufhalten, solange sich niemand explizit beschwert. Noch ein guter Grund, alles sauber zu halten. Wir haben hier genauso viele Rechte wie jeder andere auch. Wenn, wie am Bank HolidayTag, einige Leute hier herunter kommen, um zu campen, dann darf uns das nicht weiter interessieren, selbst wenn sie den halben Tag lang vor Regen Schutz suchend in ihrem Wagen sitzen und direkt in unsere Wohnung starren. Aber das sind bloss unglueckliche Ausnahmen.
Vor einigen Tagen lief ich, vom Laden kommend, den Weg direkt hinter einigen Touristen hinab. Ich versuchte, mich in sie hineinzuversetzen und sah durch ihre Augen die See im Hintergrund auftauchen. Koennte es sich um ein modernes 'Thalassa' - Gefuehl handeln? Eine unwiderstehliche Anziehung des grossen Teiches? Oder mehr noch ein latentes Gefuehl der Rueckkehr zur 'Ursuppe'? Sie wissen, dass sie hier nicht weitergehen koennen. Dass jeder Schritt zwei bedeutet, da sie auch wieder zurueckgehen muessen, und die meisten tun das auch innerhalb von 5 Minuten. Vielleicht ist es der tiefer liegende psychologische Impuls, sich mit dem Unvermeidlichen zu versoehnen. Oder, es besser noch es zu umarmen. Das Suchen und Finden des Besonderen schlechthin, um es anschliessend gleich wieder zu vergessen.
Vielleicht sollten wir einfach ein wenig netter zu ihnen sein, ihnen moralische Unterstuetzung gewaehren oder wenigstens Seewassertee und Blubberalgenpastete denen anbieten, die in Not sind. Papiertaschentuecher ausgeben, wo salzige Traenen gestoppt werden muessen. Armschlingen und Aderpressen bereitlegen fuer all jene, die sich auf den Felsen vertreten.
Funny Lane fuehrt fuer uns zum Paradis, aber wir koennen eben nicht alle beherbergen. Frueher oder spaeter kommt man an die Grenzen des Sichwohlfuehlens.
Jan Ploeg, 18. August 2004, Fanore Wiese
Uebersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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