Dolphin Address 2005
Berlin, 2005
`Warum Berlin?` fragt mich jeder, `was hat das mit Delphinen zu tun?`
`Nichts` antworte ich prompt, `außer, dass es sich reimt!`
Innerhalb der letzten 3 Jahre musste ich zweimal mein Zuhause verlassen. Während des Sommers lebe ich schon 12 Jahre in meinem Auto in Irland, aber das ist wirklich nur für vier Monate machbar. Vorletztes Jahr habe ich dort Verena getroffen und besuchte sie mehrere Male im Winter in Berlin.
Wie schon in den Dolphin Addresses des letzten Sommers erwähnt, lebten wir in Fanore auf unserer Wiese und dehnten den Aufenthalt mit Hilfe von Killohill bis fast Weihnachten aus. Zu diesem Zeitpunkt war das Schwimmen mit der Delphinin schon zu einer ziemlich lebensbedrohlichen Sache geworden, und Ballyvaughn hatte seine Angebote für Touristen bis fast auf Null heruntergefahren, beinahe eine Geisterstadt. Das Projekt `Röhrenflügel` hatte ich auf Grund ungünstiger Gewichtsverhältnisse aufstecken müssen.
Aktuell versuche ich einen Produktionsort zu finden, am liebsten in Berlin, da wir hier leben, aber wir haben ja auch immer noch Räder. Wir werden Euch über weitere Entwicklungen und andere coole Themen auf dem Laufenden halten.
Wohin auch immer sie sich dreht
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12. August, 2005
Das Leben im Wasser erfordert Anpassungen. In DDA 27 habe ich die bemerkenswert hohe wasserabweisende Qualität der Delphinhaut beschrieben. Die Fotografien in ‚Dusty Wasser’ tragen Rechnung dafür. Das folgende Thema mag ein wenig mehr eurer räumlichen Vorstellungskraft erfordern.
Digitale Midgets
Dolphin Address 34
09. August, 2005
Dies hier versteht sich als eine absurde Annäherung an ein wahrhaft Nerven aufreibendes Thema. Seit Verena auf nach Berlin ist, muss ich alles wieder selber machen. Und damit meine ich nicht in Mc Dermotts` pub.
Fotos
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02. August, 2005
Viele Menschen finden anderer Leute Fotoalben aufdringlich und langweilig. Ihr eigenes Album aber enthält so einige Fotos, die sie für nichts auf der Welt vermissen wollen. Genau diese Art Fotos sind jetzt in der Rubrik ‚meine Fotos’ zu finden. Ich wollte euch das schon die ganze Zeit ans Herz legen, aber erst mussten mal ein paar dort liegen.
Balance
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30. Juli, 2005
Jeder weiß es. Als Kind läufst du über das Mäuerchen und streckst deine Arme zu jeder Seite aus, um in Balance zu bleiben. Aber weißt du auch warum? Hochseilkünstler benutzen lange Stangen, manchmal mit Gewichten an den Enden. So dozieren sie ihre Balance.
Mysterium
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28. Juli, 2005
Es ist ein wohlbekanntes Phänomen, dass man erst weiß, was man hatte, wenn es fort ist. Ich bin heute über eine interessante Variation gestolpert.
Die letzten zwei Wochen war ich jeden Tag mit Dusty geschwommen. Und das ist nicht wie ein erholsamer Sprung in den pool.
Der Bürgermeister von Kelp City
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24. Juli, 2005
Hier bin ich nun, mit strähnigem Haar und Geschirrspülhänden, in meinem Neoprenanzug, zitternd auf dem ´junior table´ Fels sitzend, mein Gaumenzäpfchen desalinierend und voller Wonne niederschreibend, was für die Ewigkeit konserviert bleiben sollte.
Blaslöcher
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19. Juli, 2005
Der Hurrikan, der sich in Mittelamerika gerade ausgetobt hat, beglückt uns nun hier mit einer Zugabe. Hagelweiße Sturmkronen, durch die Sonne aufblitzend, heben sich gegen eine bedrohlich schwarz-blauen Regenfront ab. Seit einiger Zeit war ich nicht mehr in Poul Sallagh, der erste Platz, an dem ich mein mobiles Heim aufgestellt hatte. Unweit befindet sich ein so genanntes Blasloch.
Die Dritte Dimension
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15. Juli, 2005
Es hat sich nicht nur der geographische Aufenthaltsort von Dusty verändert. Die Boathouse Bay bietet auch mehr Schutz als das Inlett von Pollenawatch.
Mit fast der Hälfte ihrer Gesamtheit umarmt die High Tide Insel die Bucht, ...deren vordere 20 Meter leider ein Bisschen foul sind. Der Boden ist bei Tiefen bis zu ungefähr 3 Metern von toten Algen bedeckt und Süßwasser, das sich langsam mit der oberen Wasserschicht mixt, verursacht eine vaselineartig schlierige Sicht und stinkt.
Flüssige (Ge)Schichten
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08. Juli, 2005
In der Ferne reckt sich eine graue See einem klar definierten Horizont entgegen. Wir fragen uns, wo sie sich wohl am liebsten aufhalten würde. Wellen, die zur Küste gehastet waren, leuchten in Emerald und eine einzelne Seemöwe lässt ihr Gefieder in Begleitung eines empörten Lachens aufblitzen. Da muß es wohl eine Million Schattierungen von Blau unter den Wellen geben.
Pas du tout sweet
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25. Juni, 2005
Wir dachten: ´Zwei Delphine, wie kann man die verpassen?´. Aber viel Wasser umgibt die Halbinsel von Crozon, und niemand kann uns irgendetwas sagen, mal abgesehen von einigen unbrauchbaren, maschinengewehrschnellen, französischen Bemerkungen. Auf einer lokalen Webseite erfahren wir, dass die beiden Delphine sich aufgeteilt haben, und auf dem Kai von Camaret weiß endlich jemand von einem Exemplar, das bei Hochwasser gelegentlich in den Hafen kommt.
Berliner Balkon
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08. Juni, 2005
Am frühen Morgen wird Verenas Balkon von der Sonne verwöhnt. Umgeben von Veilchen in allen Farben des Regenbogens, lasse ich den Tag langsam in mich einsinken. Polyphonische Vogelgesänge hallen an den drei Stockwerken der umgebenden Häuser wider, manchmal von Stimmen zur Arbeit hastender Menschen untermalt.
Nussschalendrama
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02. Juni, 2005
Shakespeare machte die Qual der Wahl durch sein ultimatives `To be or not to be` unsterblich. Nach einer zweimonatigen Anlaufzeit, ist nun plötzlich das Kriegsbeil gefallen. Zwei Wochen intensiven Beobachtens der Boathouse Bay haben zu nicht einer einzigen Sichtung von Dusty geführt.
Irland erwacht
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25. Mai, 2005
Ich möchte mich nicht politisch engagieren. Mir reichen die Nachrichten über Nordirland. Ich denke, nach so langer Zeit wurden nun endlich die irischen Gebete erhört.
Zum ersten Mal habe ich den irischen Frühling in seiner Ganzheit erlebt. So wie die Eskimos 50 verschiedene Worte für ´Schnee´ haben, wäre ich nicht überrascht, gäbe es eine annähernde Anzahl für ´Grün´ in Gälisch.
Dusty to Dusty
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21. Mai, 2005
Die Sache wird langsam eng hier. Meine anfängliche Resignation über Dustys Abwesenheit war abgefangen worden durch ihre allgemeine Unvorhersagbarkeit. Dies wurde sehr bestärkt durch die beiden Male, die wir sie tatsächlich hier gesehen hatten. Aber sie war und bleibt jetzt seit einer Woche weg, so dass ich im Dunkeln tappe.
Die Boathouse Bay
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17. Mai, 2005
Es hätte nicht schöner sein können. Der Wind war in der Umarmung der Bucht abgeflaut und die Stimme des Ozeans war zu einem Flüstern geworden. Die Sonne hatte die Felsen erwärmt und ließ sie einen Geruch abgeben, den ich seit dem letzten Sommer nicht mehr wahrnehmen durfte. Eine Handvoll Delphinados hatte ihre Wagen in den Seitenstreifen der schmalen Straße gedrückt und sich über die getrockneten Felsen verteilt.
Manche mögen`s heiß
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11. Mai, 2005
Weit entfernt von Hawaii, aber gerade südlich der Donegal Bay öffnet sich das Delta des Moy in die Killala Bay. Der Ozean hat seine Abdrücke im Sand des immensen Strandes hinterlassen, auf welchen die Wellen in parallelen Reihen, die Rundungen ihres Zieles schon vorausahnend, zurollen.
Im Zeichen des Einzelgängers
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7. Mai, 2005
Das geht schon viel zu lange so, um noch normal zu sein, irgendwie scheint sich Dusty im Atlantischen Ozean aufgelöst zu haben. Und wieder waren es die immer wachsamen Jungs von www.irishdolphin.com, die uns eine email zukommen ließen, wo sie zuletzt gesehen worden war. Also schossen wir los zum alten Bootshaus hinter White Strand und ließen den Bus im schwammigen Seitenstreifen des schmalen Asphalts zurück.
Wellenglotzen
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26. April, 2005
Will man Delphine in der Wildnis beobachten, braucht man viel Geduld und damit auch viel Zeit. Heute bin ich schon seit exakt fünf Wochen hier, und nur an meinem allerersten Morgen sah ich zweimal zwei und einmal sechs Delphine. Wären sie Menschen, hätte man gesagt, das war ein Akt aus Neugier. Aber nach diesem Tag blieb die Wunderkiste verschlossen und scheinbar von den Wellen verschluckt.
Skulpturen des Ozeans
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20. April, 2005
Die Wellen türmen sich heute wie aus dem Nichts auf. So weit ich sehen kann, gibt es nur ein zartes Kräuseln, ein Ozean, ruhelos außerhalb der Wahrnehmung. Nichts, dass solche Wassermonstrositäten rechtfertigen würde, die sich 100 Meter vor der Küste anfangen aufzubauen. Sie nähern sich in einzelnen Linien und brechen sich fast simultan in türkise Bögen, ihre irren Schaumkronen vor sich her und über den Rücklauf ihrer Vorgänger schiebend.
`Full Metal Jacket`
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15. April, 2005
Dies ist der Name eines Kampffilmes von Stanley Kubrick. Der Held ist von oben bis unten wie ein Christbaum behangen mit Waffen. Nicht wirklich meine Art von Film, aber ich fühle mich durch den Titel aus praktischen Gründen angesprochen. Ich liebe es, mich mit den Dingen zu behängen, die ich so brauchen könnte. Diesem Zweck entsprechend habe ich meine Kleidung angeschafft.
Der Arbeitsspeicher
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8. April, 2005
Als Student der Ethnomethodologie (das ist eine Art Anthroprologie der eigenen Gesellschaft) habe ich einmal eine `Werkzeug-Theorie`formuliert. Problemlösungsstrategien entstehen oft spontan aus Techniken und Methoden des Arbeitslebens. `Was man Tag für Tag tut hat seine Auswirkungen auf das Privatleben`.
Nestbaudrang
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2. April, 2005
Von Natur aus suche ich den Widerstand, solange es sich zu lohnen scheint. Letzten Sommer hatten Verena und ich den Windschatten eines Gesteinsbrockens, oft in Kombination mit einer angespülten, hässlichen, roten Plastik-Fischtransportkiste, genutzt, um zu kochen oder ein Lagerfeuer zu machen. Das war nicht gerade super toll, aber da der Wind hier häufig dreht, scheinen flexible Lösungen der einzige Weg, mit den Elementen fertigzuwerden.
Hier, dort und einfach überall
Dolphin Address 13
28. März, 2005
Ich hatte nur eine einzige Nacht auf meiner Wiese. Als ich sie über die Funny Lane verlassen wollte, hatte der Regen den schon matschigen Boden derartig schlüpfrig gemacht, dass es mich eine halbe Stunde brillanter und bescheuerter Schlingermanöver kostete, bis ich die Reifen wieder auf festen Grund bekam.
Überall zuhause
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24. März, 2005
Gleich zu Anfang das Eine: Ich bin, wo ich sein will, auf meiner Wiese in Fanore.. Das mag die Spannung aus meiner Geschichte nehmen, aber sie gewinnt dadurch mehr an Ruhe.
Überschrittene Grenzen
Dolphin Address 11
16. März, 2005
Jetzt, da ich die stinkenden Ruinen Berlins verlassen habe, wird mir umso klarer, dass ich nicht für die Stadt gemacht bin. Das kaleidoskopische Desinteresse, das in Angst und Misstrauen investiert wird, fühlt sich für mich als eine Beleidigung meiner Integrität an, und wird wohl niemals ein Teil von mir sein.
Collage
Dolphin Address 10
12. März, 2005
Als mein Sony Diktiergerät mir immer unverständlicher zu antworten begann, kaufte ich mir ein neues von Panasonic. Mit der möglichen, unverschämt teuren, Software, kann man sogar den aufgenommenen Text geschrieben auf den Bildschirm zaubern. Ich brauche das nicht. Die Prozedur des Herausschreibens gibt mir eher Zeit, Dinge umzuändern und Einfügungen vorzunehmen.
Schreiben
Dolphin Address 9
1. März, 2005
Eine meiner Lieblings-FAQs ist: ´Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?´ Vielleicht sieht es so aus, als würde ich einige Ereignisse in eine Zementmischtrommel werfen, um sie nach spektakulären Umwälzungen wieder über meinen Bildschirm zu gießen. Das wäre wohl eine zu vereinfachte Darstellung der Tatsachen, und ich glaube auch nicht, dass mir das viel Spaß machen würde.
Auf dem Weg zurück
Dolphin Address 8
26. Februar, 2005
´When I was younger, so much younger than today´, genau genommen muß ich ungefähr 17 gewesen sein, als ich sehr viel getrampt bin. In einem meiner verzweifelten Momente gab ich mir das Versprechen, dass ich, wenn ich jemals ein eigenes Auto haben würde, jeden halbwegs akzeptablen Anhalter mitnehmen würde.
Auf dem Weg
Dolphin Address 7
24. Februar, 2005
Intensives Googeln ließ mich eine Firma finden, die mit Gussformen, auch in kleineren Quantitäten, handelt. Nach eingehendem email Austausch, entschied ich mich, sie aufzusuchen, um Möglichkeiten für einen ´state-of-the-art´ Wasserflügel aus Kunststoff zu diskutieren.
Stadt im Schnee
Dolphin Address 6
17. Februar, 2005
Er balanciert auf jedem Ast, ohne Ausnahme. Berlin ist eingehüllt und jeder Kristall absorbiert den brutalen Sound der Stadt. Gestern Abend schon sah ich Schneeflocken in Scheinwerferlichtern und unter Straßenlaternen aufleuchten. Und so fühlt man sich selbst fast wie solch fragiles Gebilde: Die Seele weitet sich und die Gedanken fliegen mit Leichtigkeit.
Stadt im Regen
Dolphin Address 5
13. Februar, 2005
Mit einer fröhlichen Melodie in meinem Kopf gehe ich die Treppen hinunter. Ich gehe bummeln, und manchmal mag ich das sehr, so wie jetzt. Erfahren rüttle ich den richtigen Schlüssel aus meinem Bund und stecke ihn in das schweigende Schloß. Es regnet, wie sehr es doch regnet, aber meine Kapuze funktioniert wie ein tragbares Haus. Hier drinnen lebe ich, und das tue ich an jedem Ort. Wiegend zermahle ich den Winterstreu unter meinen Solen. Es gibt so viel zu sehen.
Gesundheit
Dolphin Address 4
3. Februar, 2005
In der vorangegangenen Episode beschrieb ich die Dorn Methode als bemerkenswerte Verbesserung der Pflege, die ich über viele Jahre mit Hilfe von Monoflosse und Wasserflügel meiner Wirbelsäule zukommen ließ. Gerade für einen Augenblick sah es so aus, als ob das jetzt auch automatisiert werden könnte.
Rückgrat
Dolphin Address 3
18. Januar, 2005
Per Definition gibt es ein Problem nur, wenn es auch eine Lösung gibt.
Ungefähr 25 Jahre harte körperliche Arbeit als Bildhauer haben ihre Spuren hinterlassen, im Speziellen an meiner Wirbelsäule. Frühere Versuche, mir Erleichterung zu verschaffen, insbesondere durch Physiotherapie haben nur zu temporärer Linderung geführt. Die besten Resultate, hatte ich entdeckt, erziele ich durch das Schwimmen mit einer Monoflosse
Bunt
Dolphin Address 2
14. Januar, 2005
Berlin ist bunt, und eigentlich war es mehr durch einen Zufall, dass ich dazu beitrug und zwar mit Hilfe des Wasserfluegels. Nicht auf dem üblichen Weg in einem Schwimmbad. Diese werden durch Regeln von Schwimmattributen freigehalten. Und an den Glienicker See wage ich nicht zu denken, das verstärkt noch meine Gänsehaut, wenn ich fröstelnd die öden Straße durchwandere.
Berlin
Dolphin Address 1
14. Januar, 2005
Auf der Windschattenseite einer Ligusterhecke zünde ich mir eine Selbstgedrehte an. Eine gefleckte Birke versucht ein Wohnhaus zu verbergen. Was gibt es dort hinter der Ecke? Unter der Brücke fliesst der Neuköllner Schifffahrtskanal. Zwei Schwäne zeichnen ein tiefes V. Das ist nicht das einzige Stück Natur, das der Bezirk Neukölln zu bieten hat. Im letzten Jahr sah ich ein Eichhörnchen in der großen Fichte in Verenas Innenhof.