Trübes Wasser
Dolphin Address 33
17. December, 2004
Meist kann man, wenn man aus drei oder vier Metern Tiefe nach oben schaut sehen, wie die Wasseroberfläche das einfallende Licht in wellenförmige Muster bricht. Nach dem letzten Sturm schwamm ich fast mit meiner Nase gegen den Seeboden, und nur meine aufsteigenden Luftblasen zeigten mir den Weg zurück. Schwer zu glauben, dass sich die Sicht je bis zum Firmament erstreckte.
Auf dem Weg ins Wasser halte ich meist Ausschau nach einem flachen Stein auf dem Boden. Er sollte genügend Masse haben, um meine Soundsignatur hörbar auf die Monoflosse klopften zu können und eine Form, die sich unter meinen Bleigürtel schmiegt und ihn dort bleiben lässt. Ist Dusty nicht zugegen, tauche ich mehrere Male herunter und trommele meinen Rhythmus, währenddessen ich mich aufsteigen lasse. Meine Augen suchen dabei das Grau nach einem flinken Schatten ab.
Delphine sind akustische Tiere mit relativ schlechtem Seevermögen. Dusty kann uns aus großer Entfernung hören, aber bei schlechter Sicht scheint sie es vorzuziehen, sich an oder knapp unter der Oberfläche zu treffen. Gewöhnlich verteilt sie ihre Aufmerksamkeit gleichmässig über Verena und mich. Verena, die nicht so tief taucht und auch nicht so viele Manöver mit ihr macht wie ich, kann hingegen explosionsartig beschleunigen. Mir scheint das eine sehr wahrscheinliche Erklärung dafür, dass sie diesmal wesentlich mehr Zeit mit ihr als mit mir verbrachte.
Als es mich packte, machte ich mich auf, ein bisschen weiter hinauszuschwimmen. Kurz danach war sie auch schon da, unter meiner linken Achsel sah ich ihr vertrautes, keckes Antlitz. Das kennt sie von mir, die langen Strecken, die wir immer von Pollenawatch zum Bridie beach zurücklegten. Bald konnte ich nicht länger der Versuchung widerstehen, und ich tauchte unter ihr hindurch, um auf ihrer anderen Seite wieder heraufzukommen. Als wäre nichts geschehen, schwamm sie ruhig weiter, fast wie ein Boot. Die nächsten Male kam sie mir nach, obwohl sie sich bemerkenswert oft von mir wegdrehte.
Bis kurz bevor ich hinausging. Ich ließ mich gerade vom Seeboden hinaufdriften, als sie plötzlich in voller Geschwindigkeit direkt über meinen Kopf hinweg schoß. Noch immer sehe ich die Schatten ihrer Seitenflossen senkrecht neben meinen Ohren. Es ist lange her, dass ich mich entschlossen habe, sie nicht zu fürchten. Ich tue das auch noch nicht, denn es ist alles gut gegangen. Was sich definitiv verschlimmert hat, ist die Aversion gegen trübes Wasser.
Jan Ploeg, Killohill, December 17st 2004
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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