Dolphin Address 29
19. Juli 2005
Der Hurrikan, der sich in Mittelamerika gerade ausgetobt hat, beglückt uns nun hier mit einer Zugabe. Hagelweiße Sturmkronen, durch die Sonne aufblitzend, heben sich gegen eine bedrohlich schwarz-blauen Regenfront ab. Seit einiger Zeit war ich nicht mehr in Poul Sallagh, der erste Platz, an dem ich mein mobiles Heim aufgestellt hatte. Unweit befindet sich ein so genanntes Blasloch. Da mein Interesse für dieses Phänomen durch das `puffin hole` an der Boathouse Bay reanimiert worden war, reizte mich der Sturm, mal wieder einen Blick, diesmal durch die neue Kamera, zu wagen. Es gibt immer noch denselben Stein gepflasterten Pfad zur `washing machine` und dem `trip rock`, wo ich vor 4 Jahren gepark-löchert habe. Ich werde wohl nie vergessen, wie ich meine Ölwanne hier für über 600 Euro demoliert habe und drei Tage auf dem Marktplatz von Kilfenora auf die Reparatur wartend zubringen musste.
Das Wasser kam wie erwartet in Wagenladungen angerollt und klatschte gedankenlos an den Felsen hoch, sich in eine Million Blasen zersprühend. Dieses Blasloch ist ein ganz anderer Typ als das bei der Boathouse Bay. Am besten kann man es erklären als ein großes Loch im Felsen mit einer Art Brücke auf der Seeseite. Das eigentliche Loch misst so 4 bis 7 Meter und ist 10 Meter tief. Die Brücke ist ungefähr 3 Meter breit. Die Wellen waschen unter der Brücke hindurch, die höheren schlagen an der Front und Unterseite auf. Das Wasser, das hindurchgedrückt wird, jagt das dort gefangene die steilen Wände hinauf. Wer schon einmal Wellen beobachtet hat, der weiß, dass nicht immer die höchsten, die ankommen, auch die höchste Effizienz besitzen. Es ist die zurückschlagende Welle, die sich entscheidend auf eine eventuelle Hyper-Welle auswirkt. Darum muß man unbedingt auf sogenannte ´equalizer´ aufpassen. Nur wenn die vorangegangene Welle gezähmt ist, kann die nächste in voller Kraft einschlagen.
Wie schon vorher erwähnt, ist das ´puffing hole´ an der Boathouse Bay ganz anderer Natur. Ein drei Meter tiefer ´Kanal`, der drei bis vier Meter breit ist, hat über die Jahrhunderte einen Spalt ausgespült. An dessen Ende wurde unter den Felsen eine Kammer unsichtbarer Dimensionen herausgenagt. Ich würde so gerne einmal einen Blick von unter Wasser hineinwerfen, aber Ansässige haben mir dringend davon abgeraten; es sei bei weitem zu gefährlich. Niemand hätte sich das bisher getraut. Der obere Eingangsbereich dieser Kammer ist auf demselben Level wie der des Wassers, drei Stunden nach Niedrigwasser. Hinter und über diesem Eingangsbereich wird Luft gefangen. Wenn jetzt die Wellen das Ende des Kanals erreichen, fließt Wasser in die Kammer; die Luft wird zusammengepresst. Da der Wasserdruck abnimmt, in dem Moment, da sich die Wellen zurückziehen, dehnt sich die zusammengedrückte Luft explosionsartig aus und bläst das noch vorhandene Wasser durch einen rosigen Auslaß, der doch sehr an ein Sexualorgan erinnert, bis zu 8 Meter in die Höhe. Beim Herausströmen des Wassers, entsteht ein so starker Sog nach neuer Luft, dass sich dies auf der Oberfläche durch zischende Schaumkronen bemerkbar macht. Dann beginnt ein neuer Zyklus.
Diesen Nachmittag ging es so rau zu, dass meine Neugier meine Klugheit übervorteilte. Ich sah eine Megawelle einen Schaumteppich vor sich herschieben. Weglaufen ist keine Option, eher sogar gefährlich, da man in Panik stolpern und fallen kann. Das Beste, das man tun kann, ist fest auf beiden Beinen zu stehen, das Unheil ins Auge zu fassen und zu hoffen, dass es ein nächstes Mal geben wird, um dann vorsichtiger zu sein. In diesem Fall hatte es meine Körpermitte erreicht, mit der Nikon D2x um meinen Hals.
Für denjenigen, der Wasser nur aus Badewannenerfahrungen kennt, gibt es einiges hier aufzuholen. Du kannst dich darauf verlassen, austrocknen wirst Du hier nicht.
Jan Ploeg, Wiese Fanore, 19. Juli 2005
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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