Freak Waves
Dolphin Address 29
2. November, 2004
Verlaesst man Ballyvaughan auf der Kuestenstrasse, so ist das Wasser durch die angrenzenden Berge zunaechst noch viel zu geschuetzt, um eine Vorhersage ueber die Schwimmbedingungen mit Dusty zu machen. Als wir dann aber Black Head umrundet hatten, wussten wir es sicher: die See war glatt, glatt wie ein billiger Spiegel.
Die Luft hatte einen kleinen bissigen Ansatz und der Ozean wuerde wohl, wie schon zwei Tage zuvor, nur eine mentale Herausforderung darstellen. Vom Abstieg auf dem Stolperpfad aus sahen wir grosse Mengen Wasser auf Pollenawatch zurollen. Das vorgelagerte Riff verlangsamte eine beinahe unsichtbar vorangeschobene Masse und verwandelte sie in eine klar geformte Wand, die ihren Kamm bis halben Wegs zu den Felsen trug.
Dieses Mal hatte ich die Vorahnung. Es war die gelbliche Farbe des Wassers, die mir Unbehagen bereitete. Es war etwa Halbzeit zwischen Ebbe und Flut, und keiner von uns beiden hatte grosse Lust auf den steinigen Pfad, der der "Bathtub" Rutsche folgte. Manchmal verlassen wir das Wasser ueber den 'Crack'. Es ist durch Algen ziemlich glitschig dort, aber es gibt auch einige gute Griffstellen. Beim Hinunterklettern erwiesen sie sich als weniger hilfreich, doch es war machbar. Wir gaben uns abwechselnd Unterstuetzung, bis uns das Wasser trug. Schwimmend wurden wir von den Wellen lediglich sanft angehoben. Fuer gewoehnlich kommen derartig hohe Wellen von allen Seiten gleichzeitig und man wird ziemlich schnell seekrank.
Wie wir verabredet hatten, schwammen wir ueber die Verlaengerung des Riffs. Die Tiefe betrug etwa zwei Meter. Und wieder verspuerte ich das unheimliche Gefuehl von sich seicht hin und her bewegenden Seegrases waehrend der Seeboden vorbeirast.
Ich schwamm mit einer Welle und beschleunigte wie noch nie zuvor. In entgegengesetzter Richtung konnte ich gerade so meine Position halten, weniger durch schwimmen als durch Verringerung des Stroemungswiderstandes.
Wir hatten Dusty auf der anderen Seite des Riffs mit einem Speerfischer beobachtet. Hatte sie sich bei uns bisher nicht blicken lassen, weil das Riff ihren Sonar stoerte, oder war es ihre Neugier, die besonders dadurch angestachelt war, dass der Jaeger sich nicht im Geringsten fuer sie interessierte? Selbst als kein Zweifel mehr bestand, dass sie uns nun erfassen konnte, kam sie nicht sofort zu uns. Ich fuehlte einen scharfen Schmerz der Ablehnung, wo sonst, vielleicht ein wenig zu oft, mein Delphin-Herz schlaegt.
Ich beobachtete, wie sie den Fischer zum Ufer eskortierte, und einige Sekunden spaeter war sie auch schon bei Verena. Sie verbrachte einige Zeit mit ihr und einmal sah ich, wie sie baeuchlings unter Verena schwamm, ihre Schnauze aberwitzig nach oben zeigend. Fuer mich war sie sehr verlockend, ging sie doch senkrecht hinunter und schwamm davon, wenn ich ihr folgte. Nur ein einziges Mal kam ich dicht an ihren Kopf, und wir schauten uns ernsthaft in die Augen.
Uns wurde kalt, und wir beschlossen herauszugehen. Vom Level des Schwimmers aus gibt es herzlich wenig Uebersicht, nur die Farbe des Wassers dicht an den Felsen schien entschieden heller zu sein. Ich schwamm zu dem kleinen Sandstrand, schickte ein 'Machs gut !' zu Dusty und zog die Monoflosse aus. Kaum dass ich auf meinen Fuessen stand, bekam ich auch schon einen heftigen Schlag einer Welle in meinen Ruecken. Als ich mich aufgerappelt hatte, drehte ich mich um, gerade rechtzeitig um zu sehen, dass massive Waende aus Wasser herandonnerten.
Ich weiss nicht mehr, wie oft ich um- und hin- und hergeworfen wurde. Verena war einige10 Meter weiter weg gelandet, und ich sah, wie sie Richtung Felsen geschleudert und durch den Rueckstrom ueber die Gesteinsbrocken hinweg wieder herausgesogen wurde. Zweimal wurde ich gegen die steilen Felsen gedrueckt, wobei ich jedes Mal versuchte, Fluegel und Flosse obenauf in Sicherheit zu bringen. Das Wasser wusch sie wieder herunter, und die Flosse verschwand im Grau. Bei aller Verzweiflung tauchte sie dennoch ploetzlich wie durch ein Wunder wieder auf. Ich schnappte sie mir und stolperte so schnell ich konnte ueber die Steine um die Ecke des 'Head and Shoulder' Steins. Unglaublich erleichtert sah ich Verena am Eingang zum 'Crack'. Wir glitten hindurch und arbeiteten uns die Felsen hinauf. Mit blauen Flecken und etwas geschockt, aber immer noch am Leben.
Jan Ploeg, Killohill, November 2th 2004
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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