Dolphin Address 19
7. Mai 2005
Das geht schon viel zu lange so, um noch normal zu sein, irgendwie scheint sich Dusty im Atlantischen Ozean aufgelöst zu haben. Und wieder waren es die immer wachsamen Jungs von
www.irishdolphin.com, die uns eine email zukommen ließen, wo sie zuletzt gesehen worden war. Also schossen wir los zum alten Bootshaus hinter White Strand und ließen den Bus im schwammigen Seitenstreifen des schmalen Asphalts zurück. Wir wanderten über die blumenübersäte, Kuhfladen markierte Wiese dem röhrenden Ozean entgegen, eingehüllt in superduper hierin-wird-einem-niemals-kalt Kleidung und tatsächlich lag vor uns eine von schaumspeienden Felsen gesäumte Bucht, die von Wagenladungen krachender, schmalzwerfender Wellen als Ziel gewählt wurde.
Irgendwie sah das hier nicht aus wie der Hafen für einen friedfertigen, Spaß liebenden Delphin, aber auf dem Silberteller hatten wir sie auch nicht erwartet. Also trotteten wir entlang der Klippen über eigenwillige, vom Wasser ausgenagte Felsstrukturen, vorbei an stabil aufrechten und dennoch, wenn nötig, sich demWind hingebenden, rosa Blütenköpfen bis hinüber zur angrenzenden Bucht.
Von hier aus fokussierte ich das Fernglas auf eine Felsgruppe die mächtige Brecher aufwarf und plötzlich hatte mich das Delphin-Fieber wieder gepackt. Sah ich dort nicht ein Aufblitzen einer weich schimmernden braunen Eleganz? Doch zu kurz, um sich sicher zu sein aber genug, um uns auf dem Absatz umkehren zu lassen, zurück zur Boothaus-Bucht.
Jetzt war alles klar. Sie peitschte ihre Schwanzflosse einige Male hoch aus dem Wasser, und wir konnten sie durch den Schaum gut verfolgen. Dann sprang sie weit hinaus, und noch einmal, sie war definitiv in guter Stimmung. Manchmal verschwand sie für Sekundenbruchteile und erschien an anderer Stelle. Und plötzlich sahen wir sie an der Oberfläche schwimmen, etwas großes, helles in ihrem Maul. Es könnte sich um einen Lachs gehandelt haben, und wir folgerten, dass jene Art sich mit Sicherheit in diesem mit Sauerstoff aufgeschlagenen Wasser sehr wohlfühlen würde.
Sie kam nicht wirklich nahe heran, aber wir waren überzeugt, dass es sich hier genau um die solitär lebende Delphinin handelte, die wir mit Dusty, Mara, Orb, Mushroom, Her Ladyship, Meissie oder welch auch immer gearteten Namen rufen, auf die sie aber letztlich doch nicht reagierte. Es tut so gut, sie am Ende noch gesehen zu haben. Sie füllt den Ozean mit ihrer kühnen Eleganz und dem Versprechen, dass wir sie eines nahen Tages Haut an Haut treffen werden.
Frischen Lachs jagen oder nicht jagen und stattdessen der menschlichen Art Freude bringen. Das ist hier die Frage. Ob es nobler ist, den täglichen Ruf ihres knurrenden Magens zu folgen oder ihren fähigen Verstand mit jenen Landratten zu teilen, die in den wilden Wassern ihre Aufmerksamkeit suchen. Wird sie tatsächlich eine neue Saison für Delphinfreaks eröffnen, oder wird sie ein fernes Bild einer unsterblichen Legende bleiben?
Jan Ploeg, Fanore Wiese, 7. Mai 2005
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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