Der Abschied
Dolphin Address 16 - 2003
September 2003
In der vergangenen Woche wurden fast täglich Delphine in der Nähe von Dustys Aquatorium gesichtet. Veronique erzählte mir, dass sie beobachtet hatte, wie Dusty mit einer Gruppe Richtung Aran Islands schwamm, die auch Junge zählte.
Sie hatte Dusty an der weißen Narbe identifiziert, die sie seit dem Unfall mit einer Speedboat - Schraube im August an ihrer Rückenflosse hat. Diese ist an der rechten Seite.
Wenn Dusty jedoch von der Küste Richtung Arans schwimmt, also südlich, dann ist die Narbe vom Beobachter abgewandt. So hegte ich meine Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Beobachtung, insbesondere da Dusty bisher andere Delphine möglichst vermied.
Aber auch von Bridie hörte ich, daß sie zwei mal eine Gruppe von Delphinen gesehen hatte. Ihre Nachbarin, Helen Naughton, eine unverbesserliche Romantikerin, meinte, Dusty könnte vielleicht schwanger sein und Kontakt zu anderen Weibchen suchen, um Assistenz bei der Geburt zu bekommen. Wie ich schon erwähnte, hatte sie gelegentlich von Männchen Besuch und es ist fast unmöglich, durch bloße Beobachtung festzustellen, ob ein Delphin schwanger ist.
Kurz bevor ich das letzte Mal mit ihr schwamm, erzählte Jane, daß Dusty ein paar Stunden nicht bei Pollenawatch gewesen war. Am nächsten Tag war sie erst gar nicht erschienen.
Als ich aber gerade zurück an Land war, kreuzte eine Gruppe von mindestens 10 Delphinen auf ungefähr 150 Meter Abstand von der Küste.
Heute morgen hockte ich auf meiner üblichen Stelle zwischen wasserumspülten Steine in der Nähe meines Schlafplatzes. Es wehte eine ordentliche Brise, doch das aufspritzende Wasser, das meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, wurde von etwa 3-4 Delphinen verursacht.
Und das in meinem eigenen Vorgarten !
Natürlich nehme ich kein Fernglas oder die Kamera mit, um mein Geschäft zu erledigen, und bis ich wieder vom Auto zurück war, waren sie auch schon verschwunden.
Ich habe noch einen zünftigen Spaziergang zum "Haus, das wie eine Kuh aussieht" gemacht, konnte aber außer zwei Baßtölpeln nichts besonderes mehr beobachten.
Genauso wie ich auf den Felsen stehend fühle, wenn der richtige Moment da ist, um ins Wasser zu gehen, fühle ich auch jetzt, daß die Zeit gekommen ist, um nach Holland zurückzukehren. Man sagt, du sollst das Fest verlassen, wenn es am schönsten ist und nun scheint der geeignete Moment. Wenn Abschied nehmen ein bißchen sterben ist, dann hoffe ich, daß Helen recht hat und Dusty ein neues Leben schenken wird.
Heute fahre ich nach Dingle. Keith und Juli haben einen Sohn, Eli, zur Welt gebracht. Es gibt immer Hoffnung und, natürlich, Delphine.
Jan Ploeg, September 2003
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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