Nahaufnahme
Dolphin Address 12 - 2003
September 2003
Hat ein Delphin ein Maul oder einen Mund, einen Kopf oder ein Haupt?
Schau in deinem eigenen Kopf nach.
Je näher du Dusty kommst, desto weniger fürchtest du sie, und desto mehr Wärme fühlst du.
Sie hat 4 Reihen dolchartiger und sehr scharfer Zähne, um einen Fisch zu fangen und zu schlucken. Wenn sie wollte, könnte sie das Fleisch von deinen Knochen trennen oder dich mit einem Schlag ihrer Flosse töten. Selbst in knietiefem Wasser. Aber so wie auch ein Polizist dich nicht einfach so abknallen würde, benutzt Dusty ihren Körper nicht grundlos gegen dich.
Wenn man einen Weg öfter geht, werden Distanzen kleiner. Details verkürzen die Intervalle.
Anfängliche Leere macht Platz für das Vertraute. Je besser du etwas kennst, desto näher kommt es.
Dustys Wahrnehmung ist so bewundernswert ausgereift. So viel passiert in ihrem Maul ! Die Kiefer sind richtige Datenbanken. Ihre Zähne stehen in Reihen, aber so, daß sie ineinander greifen. Das dient nicht nur dazu, einen Fisch besser festhalten zu können. Sie empfängt auch ihre Sonar - Emissionen mit ihrem Kiefer und kann mit den Zähnen die Schwingungen so auskämmen und sieben, daß die Informationen über die Beute verfeinert werden.
Aber Delphine nutzen ihre Zähne auch, um soziale Strukturen zu klären. Das ist eine ganz andere Geschichte. Im Trainer - Bereich des Delphinariums haben sie mir den Rachen gezeigt, damit ich meine Hand auf ihre Zunge lege. Wenn ich ihnen vertraue, vertrauen sie mir.
Wir machen etwas ähnliches, indem wir uns die rechte Hand geben, so können wir uns nicht gegenseitig attackieren.
Und es gibt noch eine andere Vorsichtsmaßnahme:
Wir sind stets darauf bedacht, nicht zu dicht aneinander zu geraten, wobei es hier aber deutliche Unterschiede zwischen Menschen unterschiedlicher Breitengrade gibt.
Norweger sind wesentlich distanzierter als Italiener. Wenn die beiden ins Gespräch kommen, beginnt häufig ein seltsamer Tanz: Einer geht immer ein bißchen auf Abstand, während der andere näher kommen will.
Dusty ist anders. Ich streichele ihr Lächeln, wenn sie die Spitze ihres Unterkiefers gegen meine Wange lehnt. Ich verspüre ein sanftes Summen. Keine Ahnung, was sie sagen will, aber ich fühle mich ihr sehr nahe.
Jan Ploeg, September 2003
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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