Atem
Dolphin Address 11 - 2003
August 2003
Als Mensch denkt man nicht darüber nach. Für einen Delphin ist das ein sensibles Thema. Dusty muß immer wieder eine Position finden, von der aus sie atmen kann. Bei ruhiger See ist das kein Problem. Sie kann ungefähr 8 Minuten unten bleiben, dann kommt sie zur Oberfläche. Bei Sturm erscheint mir das etwas schwieriger.
Wenn sie aus dem Wasser springen kann, sollte es auch nicht mehr Mühe kosten etwas höher zu springen. Zur Einschätzung der Wasseroberfläche hat sie ein sehr präzises "Werkzeug". Das das Atemloch umgebenden Gewebe verfügt über Sensoren, die den Wasserdruck wahrnehmen. Erfahrene Schnorcheltaucher kennen das auch: Beim Aufstieg fühlst du den richtigen Moment, um das Wasser auszublasen und vor allem neu einzuatmen. Es braucht etwas Anstrengung, das zu lernen. Ein vorzeitiges Ausblasen würde dazu führen, daß der Schnorchel sich wieder füllt, und keine Luft mehr in deinen Lungen ist, um das Wasser ein zweites Mal auszublasen. Es gibt dann keinen Weg, neu einzuatmen bis auf den, daß du den Schnorchel aus dem Mund nimmst.
Aber ich denke, sie hat buchstäblich einen ,back-up check’. Oft schwimmt sie so nahe an der Oberfläche, daß sie sie mit der Spitze ihrer Rückenflosse durchschneidet. Von unten sieht man wie das Licht zu einer Spur gebrochen wird. Die Rückenflosse ist nicht nur wie der Kiel eines Bootes oder zum Erleichtern des Abtauchens. Sie ist auch ein Tiefenmesser mit Seitendrucksensibilität. Diese Kombination mit der Druckempflindlichkeit des Blaslochgewebes ermöglicht eine exakte Aufstiegs-/Abstiegsmessung, die ihr die genaue Position zur Oberflächenbewegung wiedergibt.
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Bei ruhigem Wetter kommt sie oft mit einer derartigen Krümmung zum Atmen, daß der vordere Rand ihrer Rückenflosse von der Seite gesehen die Verlängerung ihrer Vorderkörpers ist. Bei höheren Wellen kann ich auf Video zeigen, wie sie erst mit der Schwanzflosse bremst, um Position zu beziehen und darauf fast horizontal steigt, um zu atmen.
Ausatmen kann sie immer, aber das scheint sie nur sehr sparsam zu tun. Manchmal läßt sie Schnüre von kleinen Blasen, selten größere, aber oft eine ganze Menge auf einmal. Ich glaube, sie braucht eine Art "Basis"- Füllung, einen minimalen Druck, um schnell aus- und einzuatmen. Wegen der äußerst beschränkten Zeit, die ihr zur Verfügung steht, soll dieses eine federnde Bewegung sein. Deswegen ist die Kraft des Ausstoßes relativ zur möglich aufnehmbaren Atemmenge.
Glücklicherweise bin ich stark. Mit Dusty zu schwimmen ist so inspirierend, daß ich zwei Mal so lange wie normal unter Wasser bleiben kann. Aber es kostet riesig viel Kraft, und wenn ich herauskomme und die grimmige Anziehungskraft der Erde fühle, dann schwabbere ich die ersten Minuten auf meinen Beinen.
Glücklicherweise ist dann mein Kopf ganz leicht und klar.
Jan Ploeg, August 2003
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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