Ein Alltäglicher Tauchgang
Dolphin Address 10 - 2003
August 2003
Ich lasse alles was ich habe raus, jedes kleine Bißchen. Jetzt bin ich fertig zum Einatmen. Nur kurz warten und dann lasse ich die Luft einströmen, schnell und kräftig, bis es fast weh tut. Ich nehme mir die Zeit, sie weiß es, sie will, daß ich das gut mache, sie ist Profi.
Ausdehnen jetzt, so lang strecken wie möglich, volle Kraft, höchste Spannung, Heraufschieben und mich nach unten ziehen, den Flügel heben, ausfalten und nach unten drücken, um mit der Mono gerade vor die Welle zu schlagen, ein mächtiger Schlag, der mich innerhalb einer Sekunde drei Meter runter bringt. Spuren langer, silberner Wirbelfäden hinter mir.
Der Boden kommt in Sicht, entlang der schwingenden Kelp-Alge, der abgemattete Fels mit all seinem verborgenen Leben, hinunter zum Sandbett, unregelmäßige Muster, die so unglaublich bewohnt sind.
Ein Fingerstrich scheucht eine winzige Sepia auf, kleiner als eine Streichholzschachtel. Sie starrt mich entrüstet an, aus sicherem Abstand.
Foto: Verena Schwalm
Dann höre ich es rasseln und summen, Geräusche gehen im Kreis, sie ist hier, sie ist hier. Was als Weißpunkt - Qualle in weiter Entfernung erschien, bewegt sich nun auf mich zu, gefolgt vom Lächeln des Ozeans. Sie hält gerade vor mir an und lehnt sich abwechselnd auf die eine oder andere Brustflosse. Ich strecke meine Hand aus, aber sie nimmt sich Zeit. Dann rollt sie langsam auf eine Seite und schwimmt mit ihrer Achsel in optimale Position für meine Hand. Ich knete sie sanft, liebevoll, so ,wie ich es nur mit einer Frau tue, die ich wahrhaftig liebe.
Dann sehe ich wie sie gleichzeitig ihre Schnauze an der Kante eines Steins reibt. Könnte nicht ich dieser Stein sein? Bevor ich die Zeit habe traurig zu werden, öffnet sie ihre Schnauze, als würde sie ein Stück herausbeißen wollen. Ich wechsle auf die andere Seite des Steins für eine andere Perspektive. Da hört sie mit dem Knabbern auf.
Ich muß hoch, um Luft zu holen, aber ich will lieber wissen was jetzt geschieht. Nichts besonderes mehr, sie verfliegt im blauen Nebel wie alltäglich.
Höchste Zeit um Luft zu schnappen.
Jan Ploeg, August 2003
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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