Dolphin Address 32
30. Juli 2005
Jeder weiß es. Als Kind läufst du über das Mäuerchen und streckst deine Arme zu jeder Seite aus, um in Balance zu bleiben. Aber weißt du auch warum? Hochseilkünstler benutzen lange Stangen, manchmal mit Gewichten an den Enden. So dozieren sie ihre Balance. Eine Abweichung wird dadurch ausgeglichen, dass das Gewicht auf der zu leichten Seite vorsichtig verschoben wird. Es ist ein Spiel mit der Schwerkraft, in welchem es wichtig ist, so gut wie möglich am Zentrum des Gewichts zu bleiben.
Delphine scheinen sich nicht nur dieses Prinzips bewusst zu sein, sie gehen eben weiter. Ich habe Fungi und Dusty des Öfteren dabei beobachtet, wie sie in Gegenwart von Schwimmern oder Booten aus dem Wasser sprangen. Nichtsdestoweniger haben sie niemals jemanden verletzt oder etwas beschädigt, obwohl sich speziell die Boote sehr schnell bewegen und die Delphine logischerweise nicht vorhersehen können, wo sich das Boot befinden wird, wenn sie Sekunden nach dem Sprung wieder zurück ins Wasser tauchen
Sie hat die Möglichkeit der Korrektur, ihren Kurs in der Luft noch kurzfristig zu ändern. Ihr Körper, vom Maul bis zum Schwanzstock, formt die Masse gegen welche Schwanz und Schwanzstock sich abstossen. Genau wie das Schwingen eines Arms, um auf dem Bordstein die Balance wiederherzustellen. Diese Bewegung beeinflusst die Richtung des gesamten Körpers. Wo wir die Balance wiederherstellen, ändert der Delphin seinen Kurs.
Das können wir nicht kopieren. Am dichtesten kommen wir dieser Form der Navigation durch die Luft bei einem rechtwinklingen Sprung von einem hohen Sprungbrett.
Und dennoch habe ich aus diesen Beobachtungen gelernt. Seit einigen Jahren finde ich nun großen Spaß daran, über Felsen zu wandern, und doch staune ich noch immer wieder über Situationen, in denen meine Füße intelligenter zu sein scheinen als mein Kopf. Anscheinend finden sie ihren Weg in voller Autonomie. 1996, in Dingle, schrieb ich zwei Gedichte über diese Phänomen:
Steppingstones 1
On the beach
large and small
they fall
me into a rhythm
as I walk
I jump and I shuffle
I trip and I laugh
it is they and not I
that determine my path.
Steppingstones 2
The rocks suggest a rhythm to my feet
they space my steps and in a dance we meet
my toes they touch articulate
in shoes that seem indelicate
I have no goal
but stay in whole
and dry-feet reach the beach.
Wenn ich auf solch einem Ausflug eine schwierige Strecke zu bewältigen habe, nehme ich einen nicht zu schweren Stein und benutze ihn, um meine Balance zu korrigieren. Im Falle eines wackeligen Gefühls, halte ich ihn auf die Seite, zu der ich mich stabilisieren will. Für diese Einsicht braucht man keinen Delphin. Aber es hilft.
Jan Ploeg, Wiese Fanore, 30. Juli 2005
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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