Niedergeschlagen
Dolphin Address 30
22. November, 2004
Der dichte Nieselregen, der auf die Windschutzscheibe prasselt, wird von unserem heruntergewirtschafteten Wischern einfach zunichte gemacht. Die Lichter entgegenkommender Fahrzeuge glühen in ihren Strahlenkränzen, und die Berge sind in gesättigten Nebel gehüllt. Es ist ein trauriger Sonntag.
Bei der Luftrutsche gerade vor Black Head bürstet der Wind halbmondförmige Schaumkränze auf eine bewegte Oberfläche. Die See hört weit vor dem Horizont auf zu existieren. Selbst die Wellen sehen müde aus in ihrer immerwährenden Grußzeremonie an den Limestone.
Sollte ich lächeln und mich an vergangene Tage erinnern, die glühten in göttlicher Inspiration? Das Kleinste im Kleinen ist vollständig in Grau gemantelt, die Sonne alleinig eine Erinnerung, alles was bleibt, ist Regen.
Gierige kleine Flüsschen hatten sich auf der Green Road geformt. Wir liefen mit ihnen die Straße herunter, bis sie sich am Rand der Coast Road versammelten. Wir sahen Ute, als wir den glitschigen Trampelpfad herunterschlidderten. Sie hat wohl bei weitem die meisten Schwimmstunden hier bei Pollenawatch, selbst mehr als die Delphinin.
Es war solch eine Erleichterung, mich in meinen wet suit zu schwingen. Ich fühlte mich so unverletzbar gegenüber Regen und beißend kaltem Wasser, doch nicht gegenüber der Schwerkraft. Aus irgendwelchen Gründen hatte der Herbst das Algenwachstum auf den Felsen ansteigen lassen. Routen, die im Sommer noch sehr sicher waren, wurden plötzlich sehr schlüpfrig und sind gelinde gesagt mörderisch zu laufen.
Der Tidenplan hatte uns Hochwasser versprochen, und wir kamen kurz danach, so dass wir völlig unkompliziert vom Poolrock ins Wasser sprangen. Ich hielt meinen Kopf über den Flügel, tauchte flach, Verena, die den ihren zwischen ihren Armen hielt, verlor ihre Maske. Das Wasser war nicht gerade was man klar nennen konnte, aber ich dachte, ich würde die Maske schnell genug wieder finden. Sie war nicht, wo sie sie verloren hatte, also schaute ich in Wellenrichtung. Sie führten stracks in Richtung Whirlpool und liefen seitwärts durch den Crack. Ich wurde vor und zurück über den Head and Shoulders Rock gedrückt, aber sehen konnte ich nur Blasen. Selbst Dusty, die in einer Art ' ich helfe oder störe' um mich herum schwamm, brachte die Maske nicht zurück.
Mittlerweile war Ute auf dem Weg nach draußen und lieh Verena großzügigerweise ihre Schwimmbrille. Wir schwammen heraus, aber obwohl das Wasser tiefer wurde, wurde es nicht klarer. Ein Tauchgang Richtung Seeboden machte nicht viel Sinn, so dass wir viel an der Oberfläche blieben. Hier türmte der Wind die Wellen auf, und nach einem Weilchen bekam ich das meist gehasste Gefühl im Bauch, besser bekannt als Seekrankheit. Ich hatte mir vorgestellt, mich in die Badewanne spülen zu lassen, aber das ebbene Wasser liess sich Zeit bis es mich einsteigen ließ, und schließlich ließ mich auch noch meine Eleganz im Stich, meine beiden Füße gebunden in der Monoflosse und mein Schnorchel mit einem klagenden Laut bei jedem Ausatmen.
Als wir herausgingen, ging Ute wieder rein. Ich hatte kaum meine Arme aus dem suit, da sah ich Ute mit Dusty, Verenas Maske auf ihrer Schnauze balancierend. Ute nahm sie herunter und bewegte sich Richtung Poolrock. Es wurde sehr schnell deutlich: Dusty hatte sich das anders gedacht. Sie bedrängte Ute unangenehm, bis sie diese wieder freigab. Das war das Letzte, das wir von dieser Maske sehen sollten.
Jan Ploeg, Killohill, November 22th 2004
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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