Geschafft
Dolphin Address 30
11. November, 2004
Das Wasser wird kälter; ein eiskalter Wind kühlt das salzige Nass beständig ab. Und das ist nur der Anfang. Also fuhren wir letztes Wochenende nach Dingle. Ich wusste von vier Adressen für wetsuits, so dass wir sicherlich einen ordentlichen Winteranzug finden würden. Aber wir kamen ausserhalb der Hochsaison und konnten nur aus einem sehr unpassenden Sortiment wählen, das nichts zur Verbesserung unserer Unterwassergarderobe beigetragen hätte.
Glücklicherweise ist Dingle nebst Umgebung reich an spektakulären Naturplätzen. Wir wanderten über ´Sladeen´ hinaus und stiegen zum ´Beenbaun Head´ auf. Ein müder Fungi wurde kontinuierlich von einem speedboat umrundet, um den spärlich gesähten Passagieren auf dem dazugehörigen Delphintouristenfrachter eine gute Show zu bieten. Erst als die Boote verschwunden waren, war Fungi wieder der alte. Er sprang vor und zurück und schien dabei den Wasserwiderstand für sich zu nutzen. Am Sonntag ´machten´ wir den legendären Slea Head Drive mit seinen beeindruckenden Inselpanoramen und steilen Küstenlinien. Die atemberaubende Schönheit verschwand bedauerlicherweise zu guter Letzt im Nieselregen.
Am Montag folgten wir dem ultimativen wetsuit Tip: `Tubes` in Cork. Auf meiner Liste der am meisten ermüdenden Tätigkeiten ist wohl das Anprobieren von wetsuits mit unter den ersten Plätzen, aber der dritte erwies sich schon als Treffer. Beide haben wir jetzt einen 6x4 Rip Curl Fireskin Anzug, vollgestopft mit den neuesten Entwicklungen, wie superelastisches Neopren, nahtlose Schultern und Wasser abstoßende, Körperwärme speichernde Fütterung. Näher an eine Unterwasserheizung kann man nicht mehr kommen. Es dämmerte bereits, als wir den Laden verließen, und da wir wahrlich genug von B&Bs hatten, fuhren wir schnurstracks nach Killohill.
Zwischenzeitlich hatte Ciarán, der das Grundgerüst des neuen Wasserflügels herstellt, uns eine Nachricht hinterlassen. Um die Anzüge gleich auszuprobieren, gab es eh zu viel Wind. Also entschieden wir uns kurzerhand, ihn in seinem Haus in Creegh, das ungefähr 40 km südlich von uns liegt, zu treffen, um Details des Prototyps zu klären. Es war eine lange, schmale und windige Straße, die in manchen Bereichen wie über Wellen asphaltiert zu sein schien. Er hatte einige wichtige Testarbeiten durchgefuehrt, und wir gingen noch durch die Details. Alles schien technisch durchführbar, und in meiner Vorstellung klopfte mir Dusty schon mit ihrem breitesten Lächeln auf die Schulter. Ich hoffe, dass ich nun auch noch genug Geduld mit dem irischen Zeitmaß aufbringe. Es braucht jetzt mindestens noch eine Woche.
Ich fühle mich nicht sehr wohl mit der Tatsache, dass ich selbst von jetzt ab wenig tun kann. Sämtliche Flügel habe ich bisher eigenhändig hergestellt, so hatte ich den Zeitplan in der Hand und konnte nach meinem eigenen Ermessen arbeiten. Der letzte Schliff wird jedoch noch immer bei mir liegen: Ich werde die Gummiummantelung selbst vornehmen. Sehnsüchtig erwarte ich schon den Moment, in dem der erste Röhrenflügel seinen Jungferntrip antritt. Wenn alles gut geht, gehen sie dann in Massenproduktion.
Gestern hatten wir zu viel weißes Wasser, um die Anzüge auszuprobieren, aber heute schien es machbar. Ich bin an meinen alten 3 Millimeter Anzug gewöhnt, dieser 4/6 Millimeter jedoch zog sich so leicht an und fühlte sich so viel wärmer an, als die Kleidung, die ich gerade in diesem schneidenden Wind ausgezogen hatte. Es war Hochwasser, was mir einen direkten Sprung vom ´pool rock´ ermöglichte. Die zwei Kilogramm mehr Gewicht glichen das Mehr an Neopren nicht vollständig aus, mit ein wenig zusaetzlicher Anstrengung konnte ich jedoch bis zum Seeboden tauchen. Genau genommen hatte ich die Idee, dass dieser Anzug schon eher dem Komfort entspricht, den Dusty in ihrem isolierenden Fettmantel geniesst.
Ich fühlte mich nicht wesentlich kälter als auf den Felsen, und nur sporadisch fühlte ich Wasser einsickern. Auch der Wasserdruck in groesserer Tiefe wirkte sich kaum aus. Die Beweglichkeit ist überragend, besser als im alten Anzug. Nur zu schade, dass Dusty nicht da war. Als wir gerade wieder angezogen waren, sahen wir sie mit einem speedboat. Was für ein Anzug! So gut hat es mein Koerper noch nie gehabt. Im Allgemeinen kommen wir vollkommen ausgekühlt aus dem Wasser. Jetzt hatten wir sogar noch Zeit für einen kleinen Plausch danach, als wären wir gar nicht drinnen gewesen. Wir kamen im VW Transporter, aber wir fuhren fort im Rolls Royce.
Jan Ploeg, Killohill, November 11th 2004
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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