Fluechtling im eigenen Hause
Dolphin Address 27
23. October, 2004
Es schien nicht mehr zu werden als ein ordinaerer Freitag. Grauer Himmel mit einem beharrlichen blauen Streifen ueber Connemara. Dennoch hatte Verena ein ploetzliches Bauchgefuehl als wir am Shelter Rock ankamen:' Heute ist ein Delphin-Tag', sagte sie, 'ein ganz spezieller Tag'.
Ich habe ihre unerwarteten Eingebungen schaetzen gelernt, sie hat ihre eigenen Wege.
Unter Gaensehaut zogen wir uns um, waehrend Christine ein paar Wellen trat, Dusty sich jedoch eigenartigerweise in ihrer natuerlichen Neugier zurueckhielt. Es war Hochwasser, so hatten wir einen leichten Start vom Pool Rock. Das Wasser war so truebe, dass es mich einige Zeit kostete, den Pollenawatch Head zu finden, um meinen Erkennungsrhythmus zu klopfen. Wir schwammen weiter heraus, einer Sichtweite wegen, die sich nicht tatsaechlich verbesserte und tauchten hinab zum Seeboden, um unsere Koerper fuer den Delphin-Sonar zielbarer zu machen.
Es war alles vergeblich. Selbst als ich mich von 8 Metern nach oben treiben liess, waehrend ich mein Erkennungszeichen auf die Monoflosse klopfte, brachte uns das Dusty nicht naeher. Sie konnte eigentlich gar nicht so weit sein. Wir hatten keine Boote gesehen, nichts, das sie woanders haette hin locken koennen.
Das war mir schon mehr als einmal passiert. Das Versprechen eines 'pop-up' - Delphins verfluechtigt sich in der endlosen graue Leere des Ozeans. Ihre Abwesenheit macht ihre Begleitung nur um so wertvoller, aber dies in kaltem, verlassenem Wasser zu akzeptieren, braucht einiges an Weisheit.
Ploetzlich wirbelte Verena ihre Hand Richtung Felsen. Dustys Rueckenflosse zeigte sich kurz, und wir machten uns schnellstmoeglichst auf den Weg. Und wieder war nicht der weisse Fleck an ihrer Schnauze zu entdecken, den man sieht, wenn sie auf einen zu schwimmt. Das war nicht richtig so, das war nicht sie, nicht Dusty. Es musste etwas geben, das wichtig war.
Der Wasserfluegel vereinfacht das Manoevrieren im Wasser erheblich, und so habe ich diverse Spaeh - Techniken in meinen aquatischen Antrieb integriert. Ich drehte mich routiniert durch wippende Bewegungen mit dem Fluegel, um dann hinter mir den groessten aller Hinweise auf meine Fragen zu bekommen, den ich mir wuenschen konnte. Eine unzaehlbar grosse Anzahl von Rueckenflossen bewegte sich durch die Wellenkaemme nur weniger als 30 Meter entfernt. In
DDA 12 2004 (Tag der Delphine) war das der Grund fuer groesste Begeisterung, aber jetzt nahmen sie eine weit bedrohlichere Qualitaet an, beinahe wie Reihen von Haizaehnen, die sich immerzu erneuern.
Andererseits mag das vielleicht die einzige Chance sein, einmal inmitten von Bottlenose Delphinen zu schwimmen. Also schwammen wir so schnell wir konnten in ihre Richtung. Sie liessen uns ziemlich nahe herankommen, und waere das Wasser nur ein wenig klarer gewesen, wir haetten sie sehen koennen. Leider hatten sie, im Gegensatz zu ihrer allein lebenden Schwester, ueberhaupt kein Interesse an Menschen. Innerhalb einer Minute waren sie voellig ausser Sichtweite.
Wir schwammen zu der Ecke, die sich gegenueber dem Riff befindet, da man Dusty hier am ehesten erwarten konnte. Und dort fanden wir sie auch, sehr nervoes und ausweichend und unberuehrbar. Sie hatte eine frische Wunde auf ihrer Stirn, wahrscheinlich ein tiefe Schramme einer der scharfen Gesteinskanten. Vielleicht war es nur die eigene Wissbegier, vielleicht, und das schien passender, hatte es mit den anderen Delphinen zu tun. Wir fuehlten uns unbeholfen in unserem Mitgefuehl.
Aber irgendwie schien es sie gar nicht so zu behindern.
Um sie glauben zu machen, wir waeren auf dem Weg nach draussen, was sie meist dichter zu einem bringt, machten wir uns auf den Weg zum Bathtub. Es funktionierte, und ausser dem trueben Wasser ging alles seinen Gang.
Verena tauchte, um sie ein bisschen zu knuddeln, und ich sah sie noch, wie sie Dustys Kinn streichelte, als sie sich ploetzlich in Panick und mit kraeftigen Stoessen davonmachte und um einen nahe gelegenen Felsen herumwirbelte. Ich schaute hoch und sah eine Bucht, die mit Delphinen uebersaeht war, zwei machten sich gerade auf, noch dichter zu kommen. Verena verspuerte den heldenhaften Impuls, Dusty zu retten und schwamm mutig auf sie zu. Und wieder loesten sich die Delphine vor unseren Augen in nichts auf. Wir verliessen von Dusty escortiert das Wasser. Ihre Furcht war mit den Delphinen verschwunden. Der Regen wusch das Salz von unseren Koerpern. Heute hatten wir gelernt, dass Delphine eben doch nicht immer so gerne gesehener Besuch sind.
Jan Ploeg, Killohill, October 23th 2004
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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