Schutz
Dolphin Address 22
4. October, 2004
Haette man mir eine Momentaufnahme von Pollenawatch gezeigt, ich haette es nicht wiedererkannt. Nicht nur, dass es total unter Wasser war, auch die Form und die Bewegung der Wellen hatte eine vollkommen andere Signatur. Das fortwährend sich ändernde Verhalten des Ozeans definiert für uns den Zugang zur Delphinin, aber jetzt erst konnte ich die grausamen Kräfte visualisieren, die die beinahe überhängenden Klippen geschaffen hatten.
Wo an Sommertagen das Wasser um die gerundeten Steine flüstert, wurde es bei dieser Hoehenmarke nun zerfetzt und zerrissen von scharfem, spaltigen Gestein. Gewalt zu zufällig und brutal, um beschrieben zu werden.
Nicht der Regen, noch die losen Steine, der Matsch aber auf dem Strauchelpfad von der Durchgangsstrasse hinunter nach Pollenawatch ist es, der an Besucherschuhen klebt und vervierfaeltigt zurueckgelassen wird, der Matsch ist es, der uns alle zu Wagemutigen macht.
Diese Küstenstrasse mit all ihren Kurven und entgegenkommendem Verkehr ist wohl nicht die ideale Galerie, um die See zu ehren. Und doch bietet sie immerwährend sich verändernde Variationen zu diesem Thema. Mir blieb der Atem stehen als ich den Strand in diesem Sturm sah. Im Gegenteil zum sonstigen Zustand, stürmten die Wellen nicht über den Sand. Sie bauten sich auf und schienen in meinem Augen Blick stillzustehen. Gerade rechtzeitig noch konnte ich einen Bogen um zwei Poncho bedeckte Wesen der Pedalfraktion machen.
Die Strasse wand sich, und weit über der See konnte ich eine Öffnung im Himmel ausmachen. Sie ionisierte blitzschnell Teile der Wolken in salzig kristallines Licht. Die schneeweissen Kämme umfallender Wellen fingen es ein. Bei Black Head, das so grau ist wie jeder andere Stein, durch diesen Kontrast aber zu seinem Namen kam, wurden sie orange ! Ich liess den Wagen in den Touristenhafen gleiten und suchte in meinem Handschuhfach nach der Kamera. Ich hätte auch genauso gut weiterfahren können, war doch die Magie schon fort, bevor ich noch bemerkt hatte, dass ich mein drittes Auge zu Hause gelassen hatte.
Gleich hinter Black Head folgt die Strasse dem Bergfuss nach innen, wo er am steilsten ist. Es ist eine Luftrutsche die sich hier auf den beruhigten Ozeanwellen materialisiert. Fast immer entstehen durch die Fallwinde in dieser Bucht absonderliche Muster auf dem Wasser, aber diesmal trugen dutzende von kleinen Wirbelwinden sich drehende Vorhänge von der Wasseroberfläche davon, um sie kreuz und quer bis zu ihrer Auflösung zu verfolgen.
Als ich Ballyvaghan erreichte, drückte das Wasser so hoch, dass das Städtchen unter Belagerung schien. Seemöwen schaukelten auf dem Wasser, durch Seetang verlangsamt. Aber ich fuhr weiter, da wir auf der anderen Seite leben, am Fusse des Mount Moreen.
Es regnet nie, es schüttet eher, dafür aber selten länger als eine halbe Stunde, gefolgt von einer grosszügigen Sonnengabe. In einem anderen Traum wäre ich im Regenbogenland angekommen. Eine Elster flappert 'Airwulf' mässig über die Wiese und eine einzelne Krähe fängt das Sonnenlicht vor einer Gewitterwolke ein. 'Killohill', das klingt wie eine seltsame Art Einladung zu einem Bergspaziergang. Akzeptiert, aber meine Augen reisen mir voran.
Jan Ploeg, Killohill, October 4th 2004
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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