Schiesswellen
Dolphin Address 1
12. Juli, 2004
In mehr als meterhohen Stufen strebt die Kueste der See entgegen. Wo beide sich treffen, entsteht bei schraegem Winkel eine sich schnell seitwaerts bewegende Welle. Nur eines von vielen kleinen Wundern die aus dem Zusammentreffen von Wasser und Stein geboren werden.
Hier auf meiner Wiese hat sich nicht viel veraendert. Der Treppenstein zu meinem Wassercloset ist noch immer da, genauso wie die Buesche, die meine Wasserflaschen und das Gas verbergen sollen, und die mir als Schutz gegen 'ram jobs' lieb gewordenen schweren Gesteinsbrocken liegen scheinbar unberuehrt. Selbst die Elche mit weissem Geweih, die durch die in Abendlicht getauchte Brandung schimmern, haben ihren Platz noch inne, und es scheint die selbe Seemoewe zu sein, die die Wellen wieder und wieder nach Futter absucht.
Mit Dusty bin ich bisher nur einige Male geschwommen, und ich war wohl auch noch nicht mit vollem Herzen dabei. Sie scheint mich wiederzuerkennen, aber ich weiss auch, dass ich Vater dieses Gedanken bin. Sie ist noch immer sehr an der Monoflosse interessiert und schwimmt mit mir wie mit jedem, der gerne taucht.
Der Wunsch wiedererkannt zu werden, fand am ehesten am Ufer Erfuellung.
Angeregt durch eine TV Serie ueber Angler in Irland, die im Rahmen eines Wettkampfes ausschliesslich von ihrem Fang leben durften, habe ich mir Angelzeug besorgt. Nach zwei Stunden fruchtlosen Angelns auf beissenden Steinen, die mir einen Zugang zu fast algenfreiem, tiefem Wasser gewaehrten, ging schon die Sonne fast unter. Mein einzig anderer Lichtblick war, dass ich diesmal nicht auch noch meinen Koeder verloren hatte wie die beiden letzten Male.
Plötzlich sah ich das Wasser aufspritzen in einer Art, die nicht dem typischen Bild einer ueberschlagenden Welle entsprach. Ich erkannte es als etwas, dass ich Dusty oftmals tuen sah, wenn sie herausschwamm, um ein Boot zu gruessen. Sie kam in gerader Linie auf mich zugeschwommen. Auf ca. 50 Metern Entfernung aenderte sie ihre Richtung und kam etwas entfernt von mir an den Felsen an. Nach ein paar Atemzuegen schwamm sie unter mir an den Felsen entlang um die Ecke herum. Ich sah sie majestaetisch voruebergleiten. Sie stoppte nicht, um mich zu begruessen, schien mich eher zu ignorieren nach all diesem Aufwand. Dieses Verhalten kenne ich auch von Delphinen im Delphinarium. Ich hatte das Gefuehl, dass sie mit ihrer zurueckhaltenden Anwesenheit sagen wollte: 'Dies ist mein Territorium!'
Im Dunkeln auf den Felsen zu gehen war mir zu gefaehrlich, so entschied ich mich, den Weg zur Strasse zu finden. Abkuerzungen liessen mich in dornigen Bueschen enden. Von hungrigen Kuehen getrampelte Korridore fuehrten zu nichts als undurchdringlichem Dickicht. Ich erzwang mir unter Kratzern mit Muehe einen Durchgang zur naechsten Wiese. Die Strasse mit ihrer ebenen Flaeche fuehlte sich fast paradisisch fuer meine verstauchten Fuesse an. Erleichtert kam ich am Wagen an, der geduldig auf mich gewartet hatte.
Jan Ploeg, Fanore meadow, 12 Juli 2003
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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